Max Lersch
Person, EDU-A-0000344
Max Lersch (eigentlich: Maximilian; Jahrgang 1925, gestorben am 27. August 1969) war Widerstandkämpfer, Lokalbetreiber, Bohemien, Abenteurer, Privatgelehrter und Filmemacher. Max Lerschs Kindheit und Jugend liegen weitgehend im Dunkeln. Dem österreichischen Widerstandskämpfer und Verleger Fritz Molden zufolge war Max Lersch während des Zweiten Weltkriegs "lange Zeit eingezogen beim Militär, wurde verwundet und stieß dann zum österreichischen Widerstand". [1] Fest steht lediglich, dass seiner Mutter Annie Lersch die auch als "Loosbar" oder "American Bar" bekannte "Kärntnerbar" (heute: "Loos American Bar") an der Adresse Wien 1., Kärntner Durchgang 10, gehörte, für die Max Lersch am 30. März 1950 die Konzession erwarb. [2] Den keine 50 Quadratmeter großen Keller unter der Kärntnerbar bot Lersch Alfred Schmeller an, der für den 1947 gegründeten "Art Club" (einem Sammelbecken der österreichischen Nachkriegsmoderne auf den Gebieten der Malerei, der Bildhauerei, der Literatur und der Musik) ein geeignetes Klublokal suchte. Das wegen seiner Größe und seiner spartanischen Inneneinrichtung (die Wände waren mit Strohmatten verkleidet) als "Strohkoffer" bekannte Klublokal wurde am 15. Dezember 1951 eröffnet und rasch legendär. Zu den später prominent gewordenen Künstlern, die dort verkehrten, zählten unter anderen Arnulf Rainer, Fritz Wotruba, H.C. Artmann oder Friedrich Gulda. [3]
Die Hochzeit des "Strohkoffer" als Mittelpunkt der Wiener Künstlerszene währte nicht lange. Nachdem der "Art Club" bereits 1953 in das nahe gelegene "Dom Café" übersiedelt war, [4] begann auch Max Lersch, sich nach einem neuen Betätigungsfeld umzusehen. Zwischen 1955 und 1967 organisierte Lersch eine ganze Reihe von Afrika-Expeditionen, darunter die Österreichische Westafrika-Expedition 1955-1957, die Österreichische Transafrika-Expedition 1957-1959 oder die Österreichische Guinea-Expedition 1961-1962. Erklärte Absicht der Expeditionen war es, "in einer Bestandsaufnahme alten Kulturgutes, überlieferter Sitten und Gebräuche das noch zu erfassen und zu bewahren, was bereits in wenigen Jahren verschwunden sein wird". [5] Schon die Beute der ersten, trotz ihres offiziellen Namens von öffentlichen Stellen nur zurückhaltend geförderten Expedition konnte sich sehen lassen: "50.000 Meter bespieltes Tonband mit folkloristischen und Sprachaufnahmen der westafrikanischen Gebiete für das Wiener Volkskundemuseum, ein Diktionär der Sonray-Sprache für die Linguisten der Universität Wien, 4000 Schwarzweiß- und Farbfotos und eine Wagenladung voll ethnographischer Sammlungen aus bisher unbekannten Kultzentren". [6] Bei den folgenden Expeditionen kamen dann auch Filmaufnahmen dazu, aus denen Lersch nach eigenen Angaben [7] rund 50 Kurzfilme für die SHB und die Münchner FWU herstellte, die als Lehrfilme in den Fächern Geografie, Sozialkunde, Naturgeschichte oder auch Hauswirtschaftskunde Verwendung fanden. Für seinen Kurzfilm "Kirdi" wurde Max Lersch auf den Berliner Filmfestspielen 1964 der "Goldene Bär" verliehen. [8]
(Vrääth Öhner)
[1] Csépai, Ludwig: Ein österreichischer Patriot: Fritz Molden, in: Zoom, Heft 4+5, 1996, http://contextxxi.org/ein-osterreichischer-patriot-fritz.html (2022-02-20).
[2] Amtsblatt der Stadt Wien, Nr. 37, 10. Mai 1950, S. 14.
[3] NN: Ein Kellerlokal und seine Folgen. Eine außergewöhnlich gute Schau zum "Mythos Art Club", in: Der Standard, 5. Juni 2003, https://www.basis-wien.at/avdt/htm/053/00058677.htm (2022-02-20).
[4] Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Eintrag "Art Club", https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Art-Club (2022-02-20).
[5] Lersch, Max; Eder, Walter: Auf den Pisten Afrikas, Leipzig 1961, S. 14.
[6] Ebd., S. 16.
[7] OeStA, AdR, BMUK, 2D2, Volksbildung: Film, Bildungsfilm-, Lehr-und-Kulturfilm, Karton-1, 1967-1970, Subventionsansuchen für 2 in Afrika herzustellende Dokumentarfilme.
[8] Handbuch der Stadt Wien, Jg. 80, 1966, S. 325.
Die Hochzeit des "Strohkoffer" als Mittelpunkt der Wiener Künstlerszene währte nicht lange. Nachdem der "Art Club" bereits 1953 in das nahe gelegene "Dom Café" übersiedelt war, [4] begann auch Max Lersch, sich nach einem neuen Betätigungsfeld umzusehen. Zwischen 1955 und 1967 organisierte Lersch eine ganze Reihe von Afrika-Expeditionen, darunter die Österreichische Westafrika-Expedition 1955-1957, die Österreichische Transafrika-Expedition 1957-1959 oder die Österreichische Guinea-Expedition 1961-1962. Erklärte Absicht der Expeditionen war es, "in einer Bestandsaufnahme alten Kulturgutes, überlieferter Sitten und Gebräuche das noch zu erfassen und zu bewahren, was bereits in wenigen Jahren verschwunden sein wird". [5] Schon die Beute der ersten, trotz ihres offiziellen Namens von öffentlichen Stellen nur zurückhaltend geförderten Expedition konnte sich sehen lassen: "50.000 Meter bespieltes Tonband mit folkloristischen und Sprachaufnahmen der westafrikanischen Gebiete für das Wiener Volkskundemuseum, ein Diktionär der Sonray-Sprache für die Linguisten der Universität Wien, 4000 Schwarzweiß- und Farbfotos und eine Wagenladung voll ethnographischer Sammlungen aus bisher unbekannten Kultzentren". [6] Bei den folgenden Expeditionen kamen dann auch Filmaufnahmen dazu, aus denen Lersch nach eigenen Angaben [7] rund 50 Kurzfilme für die SHB und die Münchner FWU herstellte, die als Lehrfilme in den Fächern Geografie, Sozialkunde, Naturgeschichte oder auch Hauswirtschaftskunde Verwendung fanden. Für seinen Kurzfilm "Kirdi" wurde Max Lersch auf den Berliner Filmfestspielen 1964 der "Goldene Bär" verliehen. [8]
(Vrääth Öhner)
[1] Csépai, Ludwig: Ein österreichischer Patriot: Fritz Molden, in: Zoom, Heft 4+5, 1996, http://contextxxi.org/ein-osterreichischer-patriot-fritz.html (2022-02-20).
[2] Amtsblatt der Stadt Wien, Nr. 37, 10. Mai 1950, S. 14.
[3] NN: Ein Kellerlokal und seine Folgen. Eine außergewöhnlich gute Schau zum "Mythos Art Club", in: Der Standard, 5. Juni 2003, https://www.basis-wien.at/avdt/htm/053/00058677.htm (2022-02-20).
[4] Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Eintrag "Art Club", https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Art-Club (2022-02-20).
[5] Lersch, Max; Eder, Walter: Auf den Pisten Afrikas, Leipzig 1961, S. 14.
[6] Ebd., S. 16.
[7] OeStA, AdR, BMUK, 2D2, Volksbildung: Film, Bildungsfilm-, Lehr-und-Kulturfilm, Karton-1, 1967-1970, Subventionsansuchen für 2 in Afrika herzustellende Dokumentarfilme.
[8] Handbuch der Stadt Wien, Jg. 80, 1966, S. 325.