Richard Meister
Person, EDU-A-0000808
In einer Lehrfilmorganisation tätig — Präsident bzw. Obmann des Österreichischen Bildspielbunds
Lehrperson — Gymnasiallehrer
Lehrperson — 1923 bis 1938 und 1945 bis 1952 Ordentlicher Professor der Pädagogik an der Universität Wien. Während der NS-Zeit Professor für Klassische Philologie
Lehrperson — Gymnasiallehrer
Lehrperson — 1923 bis 1938 und 1945 bis 1952 Ordentlicher Professor der Pädagogik an der Universität Wien. Während der NS-Zeit Professor für Klassische Philologie
Richard Meister (5.2.1881–11.6.1964) arbeitete 1907 bis 1918 als Gymnasiallehrer in Znaim und Wien. Seit 1920 außerordentlicher Professor für Klassische Philologie in Wien, erfolgte 1923 seine Berufung als Ordentlicher Professor für Pädagogik an der Universität Wien – trotzdem sein Vorschlag von Moritz Schlick, Emil Reich und Karl Bühler fachlich beanstandet wurde. Ein Jahr später folgte seine Ernennung zum ständigen Verbindungsglied zwischen Hochschulen und dem Bildungsministerium in Schul- und Universitätsfragen. [1] Meister trat in schulpolitischen Fragen als vehementer Gegner Otto Glöckels und der Wiener Schulreform auf (er kämpfte v.a. erfolgreich gegen die Einheitsschule für alle 10- bis 14-Jährigen), um stattdessen die Bildungsprivilegien der humanistischen Gymnasien zu sichern. [2]
Zugleich setzte er sich für moderne Lehrformen ein und bemühte sich um die Verankerung des Films als Lehrmittel an Schulen und Universitäten: Im März 1925 wurde er deshalb zum Präsidenten (bzw. Obmann) des im Anschluss an die Kinoreformtagung im Herbst 1924 gegründeten Österreichischen Bildspielbunds gewählt. [3] Als solcher war er federführend an der Organisation und Durchführung der 6. Deutschen (Wiener) Bildwoche im Oktober 1925 beteiligt, [4] nahm als Vertreter Österreichs an der folgenden Bildwoche in Breslau 1927 teil [5] und beantwortete auch den Fragebogen zu Anforderungen an den Lehrfilm und alle beteiligten Akteur:innen (von Schüler:innen und Lehrenden bis zu nationalen und internationalen Institutionen), ein Grundlagendokument der Europäischen Lehrfilmkonferenz in Basel (1927). [6] Für diese war Meister auch Mitglied der Kommission "Methodik des Lichtbild- und Filmunterrichts" (nahm aber an der Konferenz nicht teil). [7] 1931 war er im Organisationsteam der Internationalen Lehrfilmtagung in Wien und Leiter der Arbeitsgruppe "Der Film in der Wissenschaft (Forschung und Lehre)" (inklusive Vortrag). [8]
Neben Vortragstätigkeit, z.B. im Volksbildungsprogramm der Wiener Urania, [9] publizierte er zum Film als Lehrmittel und zum Schulkino, z.B. 1925 "Das Schulkino, seine Aufgaben und die Möglichkeiten seiner pädagogischen Verwendung" [10] sowie in den medienpädagogischen Zeitschriften "Das Bild" (z.B. H. 5/1925) und "Der Bildwart" (z.B. H. 10/1925).
Zudem lehrte Meister seit den 1920ern Mediendidaktik am Institut für Pädagogik, entwickelte mit anderen Mitgliedern des Schulkinobunds einen Lehrgang zur Filmpädagogik [11] und hielt Einführungen zur Filmdidaktik beim 1. und 2. Ausbildungskurs für Schulkinoleiter:innen. [12] Weiters setzte er sich als Mitglied des Bildspielbunds für Normalbedarfspläne, um den Film in der Schule zu verankern, und die Errichtung eines Filmseminars zur filmdidaktischen Ausbildung von Lehrer:innen ein. [13]
Insgesamt prägte Richard Meister die österreichische Bildungs-, Schul-, Universitäts- und Wissenschaftslandschaft Österreichs nachhaltig; vielfach ausgezeichnet erstreckten sich seine akademischen und bildungspolitischen Aktivitäten recht bruchlos von den 1920er Jahren und der Diktatur Dollfuß-Schuschnigg bis in die Zeit des Nationalsozialismus und die Zweite Republik. Nach 1945 beriet er u.a. Unterrichtsminister (1954–1964) Heinrich Drimmel und war federführend beim Hochschul-Organisationsgesetz von 1955 und der Schaffung des Österreichischen Forschungsrats (1960; heute: FWF) tätig. Zugleich verhinderte er eine Entnazifizierung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Mehrere Publikationen seit etwa dem Jahr 2000 verweisen darauf und heben auch Meisters Mitgliedschaften im deutschnationalen „Deutschen Klub“, einem Sammelbecken der Nationalsozialisten, [14] und der antisemitischen "Bärenhöhle", einer (geheimen) Vereinigung von Universitätsprofessoren, die Karrieren von jüdischen und linken Wissenschafter:innen erschwerte bzw. verhinderte, hervor. [15]
(Marie-Noëlle Yazdanpanah)
[1] Feichtinger, Johannes: Richard Meister. Ein dienstbarer Hochschulprofessor in vier politischen Regimen, in: Ash, Mitchell G. / Ehmer, Josef (Hg.): Universität – Politik – Gesellschaft, Göttingen 2015, 311–318, hier: 313–314; http://www.vr-elibrary.de/doi/pdf/10.14220/9783737004138.311
[2] Ebenda, 313.
[3] OeStA, AVA, UM Unterricht allgem., Volksbildung: Film 1935, K. 493, Signatur 2D2 (KP 739).
[4] Witt, Gustav Adolf: Lichtbild und Lehrfilm, Wien/Leipzig 1927, 123.
[5] S.: Der 7. Deutschen Bildwoche zum Gruss!, in: Das Bild, H. 10/1926, 137.
[6] Witt, Lichtbild und Lehrfilm, 129–139.
[7] OeStA, AVA, UM Unterricht allgem., Volksbildung: Lichtbildwesen 1928, K. 506 (KP 278).
[8] OeStA, AVA, UM Unterricht allgem., Volksbildung: Film 1931, K. 488, Signatur 2D2 (KP 110).
[9] Petrasch, Wilhelm: Die Wiener Urania. Von den Wurzeln der Erwachsenenbildung zum lebenslangen Lernen, Wien u.a. 2007, 270.
[10] in: Golias, Eduard (Hg.): Film und Schule. Beiträge zur Frage der pädagogisch-didaktischen Verwertbarkeit des Films im Rahmen der Bildungsarbeit in der Schule, Wien 1925.
[11] Filip, Josef: Entwicklung und Stand des ö. Schulkinowesens, in: Film- und Bildseminar des Schulkinobundes unter Mitwirkung der Film- und Lichtbildarbeitsgemeinschaft der Mittelschullehrer Österreichs (Hg.): Der Film als Lehrmittel, 53–61, hier: 59.
[12] OeStA, AVA, UM Unterricht allgem., Volksbildung: Film 1931, K. 488, Signatur 2D2 (KP 554, KP 558).
[13] Witt, Lichtbild und Lehrfilm, 1927, 125–128.
[14] Kniefacz, Katharina: Richard Meister, o. Univ.-Prof. Dr. phil.;
https://geschichte.univie.ac.at/de/personen/richard-meister-o-univ-prof-dr-phil
[15] Erker, Linda/Taschwer, Klaus: "Eine wirklich befriedigende Lösung der Judenfrage!" Antisemitische Personalpolitik an der Universität Wien vor und nach 193, in: Gertrude Enderle-Burcel / Ilse Reiter-Zatloukal (Hg.): Antisemitismus in Österreich 1933–1938, Wien 2018, 752–767, hier: 760–761.
Zugleich setzte er sich für moderne Lehrformen ein und bemühte sich um die Verankerung des Films als Lehrmittel an Schulen und Universitäten: Im März 1925 wurde er deshalb zum Präsidenten (bzw. Obmann) des im Anschluss an die Kinoreformtagung im Herbst 1924 gegründeten Österreichischen Bildspielbunds gewählt. [3] Als solcher war er federführend an der Organisation und Durchführung der 6. Deutschen (Wiener) Bildwoche im Oktober 1925 beteiligt, [4] nahm als Vertreter Österreichs an der folgenden Bildwoche in Breslau 1927 teil [5] und beantwortete auch den Fragebogen zu Anforderungen an den Lehrfilm und alle beteiligten Akteur:innen (von Schüler:innen und Lehrenden bis zu nationalen und internationalen Institutionen), ein Grundlagendokument der Europäischen Lehrfilmkonferenz in Basel (1927). [6] Für diese war Meister auch Mitglied der Kommission "Methodik des Lichtbild- und Filmunterrichts" (nahm aber an der Konferenz nicht teil). [7] 1931 war er im Organisationsteam der Internationalen Lehrfilmtagung in Wien und Leiter der Arbeitsgruppe "Der Film in der Wissenschaft (Forschung und Lehre)" (inklusive Vortrag). [8]
Neben Vortragstätigkeit, z.B. im Volksbildungsprogramm der Wiener Urania, [9] publizierte er zum Film als Lehrmittel und zum Schulkino, z.B. 1925 "Das Schulkino, seine Aufgaben und die Möglichkeiten seiner pädagogischen Verwendung" [10] sowie in den medienpädagogischen Zeitschriften "Das Bild" (z.B. H. 5/1925) und "Der Bildwart" (z.B. H. 10/1925).
Zudem lehrte Meister seit den 1920ern Mediendidaktik am Institut für Pädagogik, entwickelte mit anderen Mitgliedern des Schulkinobunds einen Lehrgang zur Filmpädagogik [11] und hielt Einführungen zur Filmdidaktik beim 1. und 2. Ausbildungskurs für Schulkinoleiter:innen. [12] Weiters setzte er sich als Mitglied des Bildspielbunds für Normalbedarfspläne, um den Film in der Schule zu verankern, und die Errichtung eines Filmseminars zur filmdidaktischen Ausbildung von Lehrer:innen ein. [13]
Insgesamt prägte Richard Meister die österreichische Bildungs-, Schul-, Universitäts- und Wissenschaftslandschaft Österreichs nachhaltig; vielfach ausgezeichnet erstreckten sich seine akademischen und bildungspolitischen Aktivitäten recht bruchlos von den 1920er Jahren und der Diktatur Dollfuß-Schuschnigg bis in die Zeit des Nationalsozialismus und die Zweite Republik. Nach 1945 beriet er u.a. Unterrichtsminister (1954–1964) Heinrich Drimmel und war federführend beim Hochschul-Organisationsgesetz von 1955 und der Schaffung des Österreichischen Forschungsrats (1960; heute: FWF) tätig. Zugleich verhinderte er eine Entnazifizierung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Mehrere Publikationen seit etwa dem Jahr 2000 verweisen darauf und heben auch Meisters Mitgliedschaften im deutschnationalen „Deutschen Klub“, einem Sammelbecken der Nationalsozialisten, [14] und der antisemitischen "Bärenhöhle", einer (geheimen) Vereinigung von Universitätsprofessoren, die Karrieren von jüdischen und linken Wissenschafter:innen erschwerte bzw. verhinderte, hervor. [15]
(Marie-Noëlle Yazdanpanah)
[1] Feichtinger, Johannes: Richard Meister. Ein dienstbarer Hochschulprofessor in vier politischen Regimen, in: Ash, Mitchell G. / Ehmer, Josef (Hg.): Universität – Politik – Gesellschaft, Göttingen 2015, 311–318, hier: 313–314; http://www.vr-elibrary.de/doi/pdf/10.14220/9783737004138.311
[2] Ebenda, 313.
[3] OeStA, AVA, UM Unterricht allgem., Volksbildung: Film 1935, K. 493, Signatur 2D2 (KP 739).
[4] Witt, Gustav Adolf: Lichtbild und Lehrfilm, Wien/Leipzig 1927, 123.
[5] S.: Der 7. Deutschen Bildwoche zum Gruss!, in: Das Bild, H. 10/1926, 137.
[6] Witt, Lichtbild und Lehrfilm, 129–139.
[7] OeStA, AVA, UM Unterricht allgem., Volksbildung: Lichtbildwesen 1928, K. 506 (KP 278).
[8] OeStA, AVA, UM Unterricht allgem., Volksbildung: Film 1931, K. 488, Signatur 2D2 (KP 110).
[9] Petrasch, Wilhelm: Die Wiener Urania. Von den Wurzeln der Erwachsenenbildung zum lebenslangen Lernen, Wien u.a. 2007, 270.
[10] in: Golias, Eduard (Hg.): Film und Schule. Beiträge zur Frage der pädagogisch-didaktischen Verwertbarkeit des Films im Rahmen der Bildungsarbeit in der Schule, Wien 1925.
[11] Filip, Josef: Entwicklung und Stand des ö. Schulkinowesens, in: Film- und Bildseminar des Schulkinobundes unter Mitwirkung der Film- und Lichtbildarbeitsgemeinschaft der Mittelschullehrer Österreichs (Hg.): Der Film als Lehrmittel, 53–61, hier: 59.
[12] OeStA, AVA, UM Unterricht allgem., Volksbildung: Film 1931, K. 488, Signatur 2D2 (KP 554, KP 558).
[13] Witt, Lichtbild und Lehrfilm, 1927, 125–128.
[14] Kniefacz, Katharina: Richard Meister, o. Univ.-Prof. Dr. phil.;
https://geschichte.univie.ac.at/de/personen/richard-meister-o-univ-prof-dr-phil
[15] Erker, Linda/Taschwer, Klaus: "Eine wirklich befriedigende Lösung der Judenfrage!" Antisemitische Personalpolitik an der Universität Wien vor und nach 193, in: Gertrude Enderle-Burcel / Ilse Reiter-Zatloukal (Hg.): Antisemitismus in Österreich 1933–1938, Wien 2018, 752–767, hier: 760–761.
Lehrfilm-Organisationen in Österreich: Ein Überblick (is related to)
Deutsche Bildwoche in Breslau 1927 (ist Teilnehmer*in von)
Dritte Internationale Lehrfilm-Konferenz Wien 1931 (ist Teilnehmer*in von)
Dritte Internationale Lehrfilm-Konferenz Wien 1931 (ist Organisator*in)
Wiener Bildwoche 1925 (ist Teilnehmer*in von)
Wiener Bildwoche 1925 (ist Organisator*in)
Dritte Internationale Lehrfilm-Konferenz Wien 1931 (ist Teilnehmer*in von)
Dritte Internationale Lehrfilm-Konferenz Wien 1931 (ist Organisator*in)
Wiener Bildwoche 1925 (ist Teilnehmer*in von)
Wiener Bildwoche 1925 (ist Organisator*in)
Österreichischer Bildspielbund (ist Leiter*in von)
Österreichischer Bildspielbund (ist Gründer*in von)
Österreichischer Bildspielbund (ist Mitglied von)
Volksbildungshaus Wiener Urania (ist Mitglied von)
Österreichischer Bildspielbund (ist Gründer*in von)
Österreichischer Bildspielbund (ist Mitglied von)
Volksbildungshaus Wiener Urania (ist Mitglied von)