Währinger Arbeitsgemeinschaft für den Unterrichtsfilm
Organisation, EDU-A-0000893
Währinger Arbeitsgemeinschaft für den Unterrichtsfilm
Arbeitsgemeinschaft „Unterrichtsfilm“, Mädchenhauptschule Währing
Arbeitsgemeinschaft „Unterrichtsfilm“, Mädchenhauptschule Währing
öffentliche Einrichtung — Arbeitsgemeinschaft von Lehrer:innen in Wien, die Filmvorführungen für Schulklassen durchführten.
Seit 1935 bis mindestens Februar 1938 wurden in der Mädchen-Hauptschule Schulgasse 57 im 18. Wiener Gemeindebezirk Schmalfilmvorführungen für die eigene sowie Schule(n) der näheren Umgebung durchgeführt. Organisiert wurde das Projekt von der Lehrerarbeitsgemeinschaft "Unterrichtsfilm": Diese wählte die Filme aus, organisierte die Screenings und übernahm Projektion sowie Filmeinführung bzw. -kommentar. Die Arbeitsgemeinschaft (AG) war von Beginn an eng mit Lehrfilminstitutionen verbunden: Ihre Gründung auf Anregung des Leiters der Lichtbildstelle Währing (Karl Urban) und die Auswahl der Filme erfolgte in Absprache mit dem ÖLFD. Die AG kooperierte aber auch mit der unabhängigen Steirischen Lehrer-Arbeitsgemeinschaft für den Heimatkundlichen Unterrichtsfilm.
Zu den Mitgliedern der AG gehörten neben Direktor Urban die Lehrerinnen Margarete Schiffer, Anna Samek und Lehrer Emmerich Rutte. [1] Letzterer arbeitete über das Jahr 1938 hinaus mit dem Lehrfilm: Als Lehrmittelreferent des Wiener Stadtschulrats hielt er im November 1957 bei einer Tagung von Bezirksbildstellenleitern in Wien und Burgenland einen Vortrag zu den "Forderungen der Bildungsschule an audio-visuelle Arbeitsmittel". [2]
In einem im Jänner 1938 für das BMU verfassten Bericht resümierte Rutte die Arbeit als praktischen Versuch, der im Unterschied zu Lehrfilmtagungen u.ä. von vorhandenen Bedingungen ausginge und die tatsächlichen Möglichkeiten des Einsatzes von Schmalfilm als Lehrmittel aufzeige. Der Bericht enthält auch eine Darstellung der praktischen Voraussetzung bzw. Durchführung von Filmvorführungen (Vorführort, Größe des Publikums, Anzahl der Vorführungen, Finanzierung, Geräte usw.).
Die "Unterrichtsfilm"-Gruppe plante die Screenings für jeweils zwei gleichstufige Klassen. Dieser kleinere Rahmen, so die Überzeugung, sei im Unterschied zu Schulfilmvorführungen didaktisch von Vorteil, da besser in den geregelten Unterrichtsablauf integrierbar, "intimer" und örtlich nahe. Eine Karte kostete 10 Groschen, ökonomisch besonders schlecht gestellte Schüler:innen mussten nichts bezahlen. Das Programm bestand jeweils aus etwa drei Schmalfilmen, zumeist aus einem Themenbereich und mit Bezug zum aktuellen Lehrstoff mit einer Gesamtdauer von maximal 30 Minuten. Grundlage dafür war die Annahme, eine "Laufbildstunde" entspräche einer "Unterrichtsstunde". Die Filme wurden eingeführt und/oder während der Screenings erläutert. Entsprechend der zeitgenössisch als ideal wahrgenommenen Praxis sollten, wenn nötig, andere Lehrmittel wie Landkarten oder Bilder integriert werden.
Die vorgeführten Filme behandelten zumeist Themen aus der Naturkunde/Biologie (v.a. Tiergattungen) und Heimatkunde/Geografie (Produktionszweige oder Landschaften in Österreich, die Nordsee oder Italien und einmal österreichische "Volksbräuche"). Am 25.11.1937 z.B. stand für die 4. Hauptschulklassen neben "Der Mensch", "Vom Baum zur Zeitung" und "Vom Gummibaum zum Reifen" auf dem Programm; am 16.12.1937 wurden für die 2. Hauptschulklassen Tierfilme gewählt (Ringelnatter, Kreuzotter; Hamster; Biber). Die meisten Filme kamen aus dem Bestand des ÖLFD, eine Ausnahme ist der am 12.2.1938 gezeigte, von der Steirischen Lehrer-AG für den Heimatkundlichen Unterrichtsfilm hergestellte Film "Erzberg" (dessen filmtechnische Umsetzung Haustein als Vertreter des ÖLFD/BMU in seinem Bericht über die Arbeit der Währinger:innen übrigens als unzureichend kritisierte).
Die Arbeitsgruppe "Unterrichtsfilm" sah ihre Tätigkeiten als Zwischenschritt, um Schülerinnen und Schülern den Film als Lehrmittel näherzubringen, bis die Verankerung von Schmalfilmen in der Klasse durch die planmäßige Finanzierung und Organisation – laut Rutte notwendigerweise – durch die Behörden umgesetzt würde. Auch Johann Haustein, der Vorführungen der AG besuchte, um die Auswirkungen ihrer Arbeit zu beurteilen, sah diese als "Übergangsprojekt" bis zur (geplanten) flächendeckenden Einführung des Klassenzimmerfilms. [3]
Der Standort war zur Zeit des Filmvermittlungsprojekts eine Mädchen-Hauptschule mit hauswirtschaftlichem Schwerpunkt; nach 1945 in eine Knaben-Volksschule umgewandelt [4] ist hier heute (2022) eine offene Volksschule untergebracht.
(Marie-Noëlle Yazdanpanah)
[1] OeStA, AVA, UM Unterricht allg., Volksbildung: Film 1932–1940, K. 1894, Signatur 10G, Bericht über die Versuchsarbeit mit Unterrichtsfilmen in Wien, 18 (MY_301-MY_311).
[2] Rutte, Emmerich: Forderungen der Bildungsschule an audio-visuelle Arbeitsmittel, in: SHB-Filmpost, H. 71/1958, 1-6.
[3] OeStA, AVA, UM Unterricht allg., Volksbildung: Film 1932–1940, K. 1894, Signatur 10G, Bericht über die Versuchsarbeit mit Unterrichtsfilmen in Wien, 18 (MY_301-MY_311).
[4] Verordnungsblatt des Stadtschulrates für Wien, 1. Dezember 1948, 131; https://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex-day?aid=ssr&datum=19481201&query="schulgasse+57"&ref=anno-search (2023-03-17).
Zu den Mitgliedern der AG gehörten neben Direktor Urban die Lehrerinnen Margarete Schiffer, Anna Samek und Lehrer Emmerich Rutte. [1] Letzterer arbeitete über das Jahr 1938 hinaus mit dem Lehrfilm: Als Lehrmittelreferent des Wiener Stadtschulrats hielt er im November 1957 bei einer Tagung von Bezirksbildstellenleitern in Wien und Burgenland einen Vortrag zu den "Forderungen der Bildungsschule an audio-visuelle Arbeitsmittel". [2]
In einem im Jänner 1938 für das BMU verfassten Bericht resümierte Rutte die Arbeit als praktischen Versuch, der im Unterschied zu Lehrfilmtagungen u.ä. von vorhandenen Bedingungen ausginge und die tatsächlichen Möglichkeiten des Einsatzes von Schmalfilm als Lehrmittel aufzeige. Der Bericht enthält auch eine Darstellung der praktischen Voraussetzung bzw. Durchführung von Filmvorführungen (Vorführort, Größe des Publikums, Anzahl der Vorführungen, Finanzierung, Geräte usw.).
Die "Unterrichtsfilm"-Gruppe plante die Screenings für jeweils zwei gleichstufige Klassen. Dieser kleinere Rahmen, so die Überzeugung, sei im Unterschied zu Schulfilmvorführungen didaktisch von Vorteil, da besser in den geregelten Unterrichtsablauf integrierbar, "intimer" und örtlich nahe. Eine Karte kostete 10 Groschen, ökonomisch besonders schlecht gestellte Schüler:innen mussten nichts bezahlen. Das Programm bestand jeweils aus etwa drei Schmalfilmen, zumeist aus einem Themenbereich und mit Bezug zum aktuellen Lehrstoff mit einer Gesamtdauer von maximal 30 Minuten. Grundlage dafür war die Annahme, eine "Laufbildstunde" entspräche einer "Unterrichtsstunde". Die Filme wurden eingeführt und/oder während der Screenings erläutert. Entsprechend der zeitgenössisch als ideal wahrgenommenen Praxis sollten, wenn nötig, andere Lehrmittel wie Landkarten oder Bilder integriert werden.
Die vorgeführten Filme behandelten zumeist Themen aus der Naturkunde/Biologie (v.a. Tiergattungen) und Heimatkunde/Geografie (Produktionszweige oder Landschaften in Österreich, die Nordsee oder Italien und einmal österreichische "Volksbräuche"). Am 25.11.1937 z.B. stand für die 4. Hauptschulklassen neben "Der Mensch", "Vom Baum zur Zeitung" und "Vom Gummibaum zum Reifen" auf dem Programm; am 16.12.1937 wurden für die 2. Hauptschulklassen Tierfilme gewählt (Ringelnatter, Kreuzotter; Hamster; Biber). Die meisten Filme kamen aus dem Bestand des ÖLFD, eine Ausnahme ist der am 12.2.1938 gezeigte, von der Steirischen Lehrer-AG für den Heimatkundlichen Unterrichtsfilm hergestellte Film "Erzberg" (dessen filmtechnische Umsetzung Haustein als Vertreter des ÖLFD/BMU in seinem Bericht über die Arbeit der Währinger:innen übrigens als unzureichend kritisierte).
Die Arbeitsgruppe "Unterrichtsfilm" sah ihre Tätigkeiten als Zwischenschritt, um Schülerinnen und Schülern den Film als Lehrmittel näherzubringen, bis die Verankerung von Schmalfilmen in der Klasse durch die planmäßige Finanzierung und Organisation – laut Rutte notwendigerweise – durch die Behörden umgesetzt würde. Auch Johann Haustein, der Vorführungen der AG besuchte, um die Auswirkungen ihrer Arbeit zu beurteilen, sah diese als "Übergangsprojekt" bis zur (geplanten) flächendeckenden Einführung des Klassenzimmerfilms. [3]
Der Standort war zur Zeit des Filmvermittlungsprojekts eine Mädchen-Hauptschule mit hauswirtschaftlichem Schwerpunkt; nach 1945 in eine Knaben-Volksschule umgewandelt [4] ist hier heute (2022) eine offene Volksschule untergebracht.
(Marie-Noëlle Yazdanpanah)
[1] OeStA, AVA, UM Unterricht allg., Volksbildung: Film 1932–1940, K. 1894, Signatur 10G, Bericht über die Versuchsarbeit mit Unterrichtsfilmen in Wien, 18 (MY_301-MY_311).
[2] Rutte, Emmerich: Forderungen der Bildungsschule an audio-visuelle Arbeitsmittel, in: SHB-Filmpost, H. 71/1958, 1-6.
[3] OeStA, AVA, UM Unterricht allg., Volksbildung: Film 1932–1940, K. 1894, Signatur 10G, Bericht über die Versuchsarbeit mit Unterrichtsfilmen in Wien, 18 (MY_301-MY_311).
[4] Verordnungsblatt des Stadtschulrates für Wien, 1. Dezember 1948, 131; https://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex-day?aid=ssr&datum=19481201&query="schulgasse+57"&ref=anno-search (2023-03-17).
Lehrfilm-Organisationen in Österreich: Ein Überblick (is related to)
Mädchenhauptschule Schulgasse 57, Wien 18. (hat Vorführort)
Steirische Schulen-Arbeitsgemeinschaft für den heimatkundlichen Unterrichtsfilm (ist Kooperationspartner von)
Johann Paul Haustein (ORGANIZATION-PERSON RELATION)
Johann Paul Haustein (ORGANIZATION-PERSON RELATION)