Julia Wagner-Jauregg
Person, EDU-A-0000789
Julia Wagner-Jauregg
(anderer offizieller Name)
Julia Humann-Wagner-Jauregg (ehelicher Name)
Julie Humann-Wagner-Jauregg (Schreibvariante)
Julie-Caroline-Maria Wagner-Jauregg (Geburtsname)
Julia Humann-Wagner-Jauregg (ehelicher Name)
Julie Humann-Wagner-Jauregg (Schreibvariante)
Julie-Caroline-Maria Wagner-Jauregg (Geburtsname)
Julia bzw. Julie (Humann-)Wagner-Jauregg (19.7.1900–7.2.1987) war Forschungsreisende, Sammlerin von Ethnographica, Reisefotografin und Reisejournalistin. Die Tochter von Julius Wagner-Jauregg und Balbine Frumkin lebte von 1926 bis 1932, unterbrochen durch zwei längere Aufenthalte in Wien, in der algerischen Sahara, die damals unter französischer Kolonialverwaltung stand. Ausgehend von der Oase El Goléa, wo sie ihren Wohnsitz hatte, unternahm sie mehrere Expeditionen durch die Sahara, v.a. durch das heutige Algerien und Mali, dem damaligen Französisch-Sudan – zum Großteil mit Kamelen. [1] Dabei erforschte sie das Leben der Tuareg, ihre Gesellschaft, Kultur und Medizin, wobei sie einen Schwerpunkt auf Formen des Zusammenlebens und Geschlechterverhältnisse, insbesondere die Stellung der Frauen, legte. [2]
Teilweise wurde sie von der Schriftstellerin Alma Johanna König begleitet, mit der sie befreundet war und die sich 1925 bis 1930 in Algier aufhielt, wo ihr Mann als Konsul tätig war. König schrieb über diese Reisen und über Julia Wagner-Jauregg in mehreren Skizzen und Novellen, die posthum unter dem Titel "Sahara Nordafrikanische Novellen und Essays" 1951 publiziert wurden. [3]
Am 28.12.1933 heiratete Julia Wagner-Jauregg in Wien den französischen Militärarzt Henri Humann, den sie in Tamanraset (Algerien) kennengelernt hatte, nach evangelischem Ritus und am 1.8.1934 in der Votivkirche (nach kanonischem Recht). [4] Bereits davor, Ende 1932, Anfang 1933 hatten die beiden Afrika verlassen, denn Human war nach Vichy versetzt worden; [5] nachdem es ihnen nicht gelang, dorthin zurückzukehren, zogen sie 1935 für zweieinhalb Jahre nach Französisch-Indochina, ab dann nach Frankreich (Toulon). In den 1940er Jahren besuchte Human-Wagner-Jauregg erneut mehrmals für längere Zeit Wien, z.B. von November 1943 bis März 1944 sowie im Mai 1949. [6]
Als Reisejournalistin schrieb sie für mehrere Wiener Tages- und Wochenzeitungen über ihre Beobachtungen und Erfahrungen in Nordafrika und Indochina, z.B. für die "Neue Freie Presse" [7] sowie das "Neue Wiener Tagblatt". [8] Mehrfach erschienen auch Beiträge über Wagner-Jauregg selbst – als emanzipierte weibliche Forschungsreisende in Zeitungen und Magazinen. [9] Dabei lassen sowohl Wagner-Jaureggs eigene Artikel (und Vorträge) wie jene über sie romantisierend-exotisierende Tendenzen erkennen. Mitunter publizierte sie auch in (populär-)wissenschaftlichen Journalen, z.B. "Der Verkehr in der algerischen Sahara" [10] bzw. nahmen Fachpublikationen Bezug auf sie. [11]
Ihre Kenntnisse über Afrika vermittelte Julia Wagner-Jauregg auch im volksbildnerischen Zusammenhang – mittels Lecture, Lichtbild und Film: Von 1926 bis etwa 1932 hielt sie in Wien mehrfach Vorträge vor Fachpublikum sowie für interessierte Laien: 1928 etwa in der Wiener Geographischen Gesellschaft über die sozialen, wirtschaftlichen und Geschlechterverhältnisse bei den Tuareg [12] sowie im Ingenieur- und Architektenverein ("Die Tuareg, die Romantiker der Sahara"); [13] 1930 z.B. "Expedition zu den Tuareg" im Wissenschaftlichen Club [14] und im Jänner 1931 einen Vortrag für Radio Wien.
Im selben Zeitraum war Julia Wagner-Jauregg für die Urania tätig: So zeichnete sie für die Einrichtung des Vortrags und die Lichtbilder der Film-Lecture "Quer durch die Sahara. Erste Forschungsreise mit Automobilen (mit Vortrag, Lichtbildern und Musik), Film" verantwortlich, die im Programm "Urania-Filme mit volkstümlicher Erläuterung" seit 10.2.1927 [15] bis zum Semester 1929/30 im Großen Vortragssaal Wiener Urania lief. Der Film des Autoherstellers Citroen Paris handelt von einer Sahara-Durchquerung im Tuareg-Gebiet. [16] In der "Reichspost" äußerte Wagner-Jauregg sich anlässlich einer Pressevorführung übrigens stark prokolonialistisch. [17] Ein weiterer Vortrag – jedoch nur mit Lichtbildern – folgte 1931 im Kleinen Vortragsaal: "Im Lande der verschleierten Männer. Zu Kamel quer durch die Sahara".
Außerdem sammelte Julia Wagner-Jauregg Ethnografica, die zur Grundlage der Tuareg-Sammlung des heutigen Weltmuseums in Wien werden sollte (Sammlungsbereich Nordafrika, Vorder-, Zentralasien und Sibirien). [18]
(Marie-Noëlle Yazdanpanah)
[1] Habinger, Gabriele: Humann-Wagner-Jauregg, Julia (Julie), in: Ilse Korotin (Hg.): biografiA. Lexikon österreichischer Frauen, Band 1 A – H, Wien/Köln/Weimar 2016, 1407–1408.
[2] Wagner-Jauregg, Julia: Im Land der Tuareg, in: Wiener Magazin, Februar 1929, 82–88.
[3] Biografien: Koenig, Alma Johanna; https://litkult1920er.aau.at/litkult-lexikon/koenig-alma-johanna/
[4] Geburts- und Taufbuch, 1. Januar 1899–31. Dezember 1909, Rk. Erzdiözese Wien, 13., Maria Hietzing, Fol. 37; https://data.matricula-online.eu/de/oesterreich/wien/13-maria-hietzing/01-11/?pg=39
[5] E[lisabeth]. Th[ury]: Julia Wagner-Jaureggs Sahara-Geheimnis, Wiener Allgemeine Zeitung, 31.12.1931, 12.
[6] Habinger, Humann-Wagner-Jauregg, Julia (Julie), 1408.
[7] Z.B. Abenteuer einer Wienerin in der Wüste, Neue Freie Presse, 2.2.1929, 11–12; Trauungen von Kindern. Tragische Folgen der arabischen Verwandtenehen, Neue Freie Presse, 26.3.1933, 21; Im Reisfeld, Neue Freie Presse, 9.6.1936, 1–2.
[8] Vgl. die Artikelserie „Ich lebe in der Sahara“ vom 15.3. bis 26.4.1931.
[9] Z.B. Müller, Grete: Einen Moment, gnädige Frau! Das Fräulein und das Abenteuer, Die Stunde, 13.8.1931, 3.
[10] in: Mitteilungen der Wiener Geographischen Gesellschaft in Wien, Wien 1931, 223–232.
[11] Antonius, Otto: Über das Vorkommen wilder Esel in der Westsahara, in: Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 6 1931,133–137; Lowag, Heinrich: Über Trüffelvorkommen, in: VZBG, Bd. 82 [1932], 117–123, hier: 118.
[12] N.N.: Abschiedsabend Julia Wagner-Jauregg, Wiener Zeitung, 9.11.1928, 5.
[13] N.N.: Vortrag Julia Wagner-Jauregg, Der Tag, 17.10.1928, 5.
[14] N.N.: Vortrag Julia Wagner-Jauregg, Die Stunde, 14.12.1930, 6.
[15] N.N.: Quer durch die Sahara, Illustrierte Kronen-Zeitung, 5.2.1927, 5.
[16] Lehr- und Kulturfilmarchiv des Volksbildungshauses Wiener Urania, 1927, 17; OeStA, AVA, UM Unterricht allgem., Volksbildung: Film 1929-1930, K. 487, Signatur 2D2
[17] H.M.: Quer durch die Sahara, Reichspost, 8.2.1927, 7.
[18] Weltmuseum, Wissenschaftliche Sammlungsbereiche; https://www.weltmuseumwien.at/sammlungsbereiche/#nordafrika-vorder--zentralasien-und-sibirien
Teilweise wurde sie von der Schriftstellerin Alma Johanna König begleitet, mit der sie befreundet war und die sich 1925 bis 1930 in Algier aufhielt, wo ihr Mann als Konsul tätig war. König schrieb über diese Reisen und über Julia Wagner-Jauregg in mehreren Skizzen und Novellen, die posthum unter dem Titel "Sahara Nordafrikanische Novellen und Essays" 1951 publiziert wurden. [3]
Am 28.12.1933 heiratete Julia Wagner-Jauregg in Wien den französischen Militärarzt Henri Humann, den sie in Tamanraset (Algerien) kennengelernt hatte, nach evangelischem Ritus und am 1.8.1934 in der Votivkirche (nach kanonischem Recht). [4] Bereits davor, Ende 1932, Anfang 1933 hatten die beiden Afrika verlassen, denn Human war nach Vichy versetzt worden; [5] nachdem es ihnen nicht gelang, dorthin zurückzukehren, zogen sie 1935 für zweieinhalb Jahre nach Französisch-Indochina, ab dann nach Frankreich (Toulon). In den 1940er Jahren besuchte Human-Wagner-Jauregg erneut mehrmals für längere Zeit Wien, z.B. von November 1943 bis März 1944 sowie im Mai 1949. [6]
Als Reisejournalistin schrieb sie für mehrere Wiener Tages- und Wochenzeitungen über ihre Beobachtungen und Erfahrungen in Nordafrika und Indochina, z.B. für die "Neue Freie Presse" [7] sowie das "Neue Wiener Tagblatt". [8] Mehrfach erschienen auch Beiträge über Wagner-Jauregg selbst – als emanzipierte weibliche Forschungsreisende in Zeitungen und Magazinen. [9] Dabei lassen sowohl Wagner-Jaureggs eigene Artikel (und Vorträge) wie jene über sie romantisierend-exotisierende Tendenzen erkennen. Mitunter publizierte sie auch in (populär-)wissenschaftlichen Journalen, z.B. "Der Verkehr in der algerischen Sahara" [10] bzw. nahmen Fachpublikationen Bezug auf sie. [11]
Ihre Kenntnisse über Afrika vermittelte Julia Wagner-Jauregg auch im volksbildnerischen Zusammenhang – mittels Lecture, Lichtbild und Film: Von 1926 bis etwa 1932 hielt sie in Wien mehrfach Vorträge vor Fachpublikum sowie für interessierte Laien: 1928 etwa in der Wiener Geographischen Gesellschaft über die sozialen, wirtschaftlichen und Geschlechterverhältnisse bei den Tuareg [12] sowie im Ingenieur- und Architektenverein ("Die Tuareg, die Romantiker der Sahara"); [13] 1930 z.B. "Expedition zu den Tuareg" im Wissenschaftlichen Club [14] und im Jänner 1931 einen Vortrag für Radio Wien.
Im selben Zeitraum war Julia Wagner-Jauregg für die Urania tätig: So zeichnete sie für die Einrichtung des Vortrags und die Lichtbilder der Film-Lecture "Quer durch die Sahara. Erste Forschungsreise mit Automobilen (mit Vortrag, Lichtbildern und Musik), Film" verantwortlich, die im Programm "Urania-Filme mit volkstümlicher Erläuterung" seit 10.2.1927 [15] bis zum Semester 1929/30 im Großen Vortragssaal Wiener Urania lief. Der Film des Autoherstellers Citroen Paris handelt von einer Sahara-Durchquerung im Tuareg-Gebiet. [16] In der "Reichspost" äußerte Wagner-Jauregg sich anlässlich einer Pressevorführung übrigens stark prokolonialistisch. [17] Ein weiterer Vortrag – jedoch nur mit Lichtbildern – folgte 1931 im Kleinen Vortragsaal: "Im Lande der verschleierten Männer. Zu Kamel quer durch die Sahara".
Außerdem sammelte Julia Wagner-Jauregg Ethnografica, die zur Grundlage der Tuareg-Sammlung des heutigen Weltmuseums in Wien werden sollte (Sammlungsbereich Nordafrika, Vorder-, Zentralasien und Sibirien). [18]
(Marie-Noëlle Yazdanpanah)
[1] Habinger, Gabriele: Humann-Wagner-Jauregg, Julia (Julie), in: Ilse Korotin (Hg.): biografiA. Lexikon österreichischer Frauen, Band 1 A – H, Wien/Köln/Weimar 2016, 1407–1408.
[2] Wagner-Jauregg, Julia: Im Land der Tuareg, in: Wiener Magazin, Februar 1929, 82–88.
[3] Biografien: Koenig, Alma Johanna; https://litkult1920er.aau.at/litkult-lexikon/koenig-alma-johanna/
[4] Geburts- und Taufbuch, 1. Januar 1899–31. Dezember 1909, Rk. Erzdiözese Wien, 13., Maria Hietzing, Fol. 37; https://data.matricula-online.eu/de/oesterreich/wien/13-maria-hietzing/01-11/?pg=39
[5] E[lisabeth]. Th[ury]: Julia Wagner-Jaureggs Sahara-Geheimnis, Wiener Allgemeine Zeitung, 31.12.1931, 12.
[6] Habinger, Humann-Wagner-Jauregg, Julia (Julie), 1408.
[7] Z.B. Abenteuer einer Wienerin in der Wüste, Neue Freie Presse, 2.2.1929, 11–12; Trauungen von Kindern. Tragische Folgen der arabischen Verwandtenehen, Neue Freie Presse, 26.3.1933, 21; Im Reisfeld, Neue Freie Presse, 9.6.1936, 1–2.
[8] Vgl. die Artikelserie „Ich lebe in der Sahara“ vom 15.3. bis 26.4.1931.
[9] Z.B. Müller, Grete: Einen Moment, gnädige Frau! Das Fräulein und das Abenteuer, Die Stunde, 13.8.1931, 3.
[10] in: Mitteilungen der Wiener Geographischen Gesellschaft in Wien, Wien 1931, 223–232.
[11] Antonius, Otto: Über das Vorkommen wilder Esel in der Westsahara, in: Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 6 1931,133–137; Lowag, Heinrich: Über Trüffelvorkommen, in: VZBG, Bd. 82 [1932], 117–123, hier: 118.
[12] N.N.: Abschiedsabend Julia Wagner-Jauregg, Wiener Zeitung, 9.11.1928, 5.
[13] N.N.: Vortrag Julia Wagner-Jauregg, Der Tag, 17.10.1928, 5.
[14] N.N.: Vortrag Julia Wagner-Jauregg, Die Stunde, 14.12.1930, 6.
[15] N.N.: Quer durch die Sahara, Illustrierte Kronen-Zeitung, 5.2.1927, 5.
[16] Lehr- und Kulturfilmarchiv des Volksbildungshauses Wiener Urania, 1927, 17; OeStA, AVA, UM Unterricht allgem., Volksbildung: Film 1929-1930, K. 487, Signatur 2D2
[17] H.M.: Quer durch die Sahara, Reichspost, 8.2.1927, 7.
[18] Weltmuseum, Wissenschaftliche Sammlungsbereiche; https://www.weltmuseumwien.at/sammlungsbereiche/#nordafrika-vorder--zentralasien-und-sibirien
Wiener Urania, Wien 1. (hat Arbeitsplatz)
Volksbildungshaus Wiener Urania (ist Auftragnehmer von)
Volksbildungshaus Wiener Urania (ist Mitarbeiter von)
Volksbildungshaus Wiener Urania (ist Mitarbeiter von)