Volksbildungshaus Wiener Urania
Organisation, EDU-A-0002111
Nach dem Vorbild der Berliner Urania 1897 "auf Anregung aus Kreisen des Niederösterreichischen Gewerbevereins" gegründet, [1] machte sich die Wiener Urania schnell mit Lichtbildervorträgen zu populären Themen einen Namen, die eine Mischung aus Bildung und Unterhaltung boten. Neben begleitender Musik und szenischen Aufführungen sollen dabei, wie immer wieder kolportiert wurde, bereits 1898 im ersten, provisorischen Gebäude der Wiener Urania im Prater auch Kinematographenaufnahmen vorgeführt worden sein. [2] Aber erst mit der Errichtung des Urania-Gebäudes an der Aspernbrücke, das am 6. Juni 1910 eröffnet wurde, verstetigte sich das Angebot an Einzel- und Repertoirevorträgen, bei denen Lichtbilder und so genannte "Kinematogramme" zum Einsatz kamen, verfügten doch sowohl der große Vortragssaal mit 586 Sitzplätzen als auch der kleine Vortragssaal mit 283 Sitzplätzen über entsprechende Projektionseinrichtungen. [3]
Hatte der zu Bildungszwecken im Rahmen eines Vortrags vorgeführte Kurzfilm von Anfang an einen festen Platz im Programm der Wiener Urania, so veränderte sich der Stellenwert des Mediums Film grundlegend mit der Uraufführung des abendfüllenden Kulturfilms "Das Wunder des Schneeschuhs" (Arnold Fanck, DE 1920) am 4. Februar 1921: [4] Von nun an stand nicht mehr der Vortrag, sondern der Film im Mittelpunkt eines Programmformats, das bald in schöner Regelmäßigkeit zweimal täglich "Urania-Filme mit volkstümlicher Erläuterung" zeigte. [5]
Aus heutiger Sicht erscheint einiges an der Aufführungspraxis der ab 1922 durch die Marke "Uraniafilm" geschützten "Bildungs-Großfilme" [6] bemerkenswert: Die Urania erwarb für die Filme, die sie zeigte, nicht nur das österreichische Alleinaufführungsrecht, sondern behielt sich zudem vor, die vom Handel angebotenen Filme "von Fachgelehrten und Volksbildnern nach wissenschaftlichen und volksbildnerischen Grundsätzen" bearbeiten zu lassen, [7] d.h. sie mit neuen Titeln zu versehen und dem Film oder einzelnen Teilen des Films einen kurzen Einführungsvortrag voranzustellen, der, wenn notwendig, auch durch einige Glasbilder ergänzt werden konnte. Ebenfalls bemerkenswert ist die Praxis, die Filmvorträge nicht bloß für einen begrenzten Zeitraum von wenigen Wochen im Programm zu halten, sondern sie über Jahre hinweg immer wieder ins Programm aufzunehmen – eine Praxis, die dem Publikum der Urania bereits von den regelmäßig wiederholten Repertoirevorträgen her vertraut war. Zudem führte die Programmpolitik der Urania zum Aufbau eines stetig wachsenden Archivs an Kulturfilmen (zu denen sich bald auch kürzere Lehrfilme gesellten, die zum Teil von der Urania selbst produziert wurden), die an die Zweigstellen der Wiener Urania oder an andere Bildungsvereine (etwa den Schulkinobund, der eng mit der Urania kooperierte) verliehen werden konnten. 1933 verfügte die Wiener Urania über eine Sammlung "von rund 450.000 Metern" an Lehr- und Kulturfilmen und galt damit als "das größte Lehr- und Kulturfilmarchiv" in Europa. [8]
Nach dem "Anschluss" Österreichs an NS-Deutschland 1938 wurde der gemeinnützige Trägerverein der Wiener Urania "dem 'Reichsamt Deutsches Volksbildungswerk' innerhalb der 'NS-Gemeinschaft Kraft durch Freude' der Deutschen Arbeitsfront (DAF) eingegliedert" [9] und damit auch die Schutzmarke "Uraniafilm" sowie die mit ihr verbundene Praxis aufgelöst.
(Vrääth Öhner)
[1] Hübl, Adolf: 35 Jahre Uraniafilm. In: Das Kino-Journal, Jg. 26, Nr. 1215, 18. November 1933, S. 7.
[2] Ebd.
[3] Programm der Wiener Urania, November 1911, S. 5f. In: Österreichisches Volkshochschularchiv, B-VHS Urania Wien 50/1, Programmzettel 3, 1911-1938.
[4] Verlautbarungen des Volksbildungshauses Wiener Urania, Nr. 6, 1921, S. 7.
[5] Verlautbarungen des Volksbildungshauses Wiener Urania, Nr. 18, 1921, S. 3.
[6] Hübl, Adolf: 35 Jahre Uraniafilm. In: Das Kino-Journal, Jg. 26, Nr. 1215, 18. November 1933, S. 8.
[7] Witt, Gustav Adolf: Lichtbild und Lehrfilm in Österreich, Wien und Leipzig 1927, S. 78.
[8] Hübl, Adolf: 35 Jahre Uraniafilm. In: Das Kino-Journal, Jg. 26, Nr. 1215, 18. November 1933, S. 8.
[9] Stifter, Christian H.: Der Urania-Kulturfilm, die Exotik des Fremden und die Völkerversöhnung. In: Spurensuche, Jg. 13, Heft 1-4, S. 124.
Hatte der zu Bildungszwecken im Rahmen eines Vortrags vorgeführte Kurzfilm von Anfang an einen festen Platz im Programm der Wiener Urania, so veränderte sich der Stellenwert des Mediums Film grundlegend mit der Uraufführung des abendfüllenden Kulturfilms "Das Wunder des Schneeschuhs" (Arnold Fanck, DE 1920) am 4. Februar 1921: [4] Von nun an stand nicht mehr der Vortrag, sondern der Film im Mittelpunkt eines Programmformats, das bald in schöner Regelmäßigkeit zweimal täglich "Urania-Filme mit volkstümlicher Erläuterung" zeigte. [5]
Aus heutiger Sicht erscheint einiges an der Aufführungspraxis der ab 1922 durch die Marke "Uraniafilm" geschützten "Bildungs-Großfilme" [6] bemerkenswert: Die Urania erwarb für die Filme, die sie zeigte, nicht nur das österreichische Alleinaufführungsrecht, sondern behielt sich zudem vor, die vom Handel angebotenen Filme "von Fachgelehrten und Volksbildnern nach wissenschaftlichen und volksbildnerischen Grundsätzen" bearbeiten zu lassen, [7] d.h. sie mit neuen Titeln zu versehen und dem Film oder einzelnen Teilen des Films einen kurzen Einführungsvortrag voranzustellen, der, wenn notwendig, auch durch einige Glasbilder ergänzt werden konnte. Ebenfalls bemerkenswert ist die Praxis, die Filmvorträge nicht bloß für einen begrenzten Zeitraum von wenigen Wochen im Programm zu halten, sondern sie über Jahre hinweg immer wieder ins Programm aufzunehmen – eine Praxis, die dem Publikum der Urania bereits von den regelmäßig wiederholten Repertoirevorträgen her vertraut war. Zudem führte die Programmpolitik der Urania zum Aufbau eines stetig wachsenden Archivs an Kulturfilmen (zu denen sich bald auch kürzere Lehrfilme gesellten, die zum Teil von der Urania selbst produziert wurden), die an die Zweigstellen der Wiener Urania oder an andere Bildungsvereine (etwa den Schulkinobund, der eng mit der Urania kooperierte) verliehen werden konnten. 1933 verfügte die Wiener Urania über eine Sammlung "von rund 450.000 Metern" an Lehr- und Kulturfilmen und galt damit als "das größte Lehr- und Kulturfilmarchiv" in Europa. [8]
Nach dem "Anschluss" Österreichs an NS-Deutschland 1938 wurde der gemeinnützige Trägerverein der Wiener Urania "dem 'Reichsamt Deutsches Volksbildungswerk' innerhalb der 'NS-Gemeinschaft Kraft durch Freude' der Deutschen Arbeitsfront (DAF) eingegliedert" [9] und damit auch die Schutzmarke "Uraniafilm" sowie die mit ihr verbundene Praxis aufgelöst.
(Vrääth Öhner)
[1] Hübl, Adolf: 35 Jahre Uraniafilm. In: Das Kino-Journal, Jg. 26, Nr. 1215, 18. November 1933, S. 7.
[2] Ebd.
[3] Programm der Wiener Urania, November 1911, S. 5f. In: Österreichisches Volkshochschularchiv, B-VHS Urania Wien 50/1, Programmzettel 3, 1911-1938.
[4] Verlautbarungen des Volksbildungshauses Wiener Urania, Nr. 6, 1921, S. 7.
[5] Verlautbarungen des Volksbildungshauses Wiener Urania, Nr. 18, 1921, S. 3.
[6] Hübl, Adolf: 35 Jahre Uraniafilm. In: Das Kino-Journal, Jg. 26, Nr. 1215, 18. November 1933, S. 8.
[7] Witt, Gustav Adolf: Lichtbild und Lehrfilm in Österreich, Wien und Leipzig 1927, S. 78.
[8] Hübl, Adolf: 35 Jahre Uraniafilm. In: Das Kino-Journal, Jg. 26, Nr. 1215, 18. November 1933, S. 8.
[9] Stifter, Christian H.: Der Urania-Kulturfilm, die Exotik des Fremden und die Völkerversöhnung. In: Spurensuche, Jg. 13, Heft 1-4, S. 124.
Lehrfilm-Organisationen in Österreich: Ein Überblick (is related to)
Das Burgenland in Lehrfilmen: Staatskunde und Ökologie (is related to)
Sport und Lehrfilm (is related to)
Geschichtlichkeit des Dispositivs Kulturfilm und Filmvortrag (is related to)
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Ludwig Koessler (hat Leiter*in)
Adolf Hübl (hat Mitarbeiter)
Österreichischer Bildspielbund (hat Anteil an)
Schulkinobund (ist Kooperationspartner von)
Julia Wagner-Jauregg (hat Auftragnehmer)
Julia Wagner-Jauregg (hat Mitarbeiter)
Eduard Golias (hat Mitarbeiter)
Eduard Golias (hat Leiter*in)
Othmar Gugenberger (hat Mitarbeiter)
Josef Jaksch (hat Mitarbeiter)
Ewald Schild (hat Auftragnehmer)
Johann Paul Haustein (hat Mitglied)
Film- und Bildarbeitsgemeinschaft der Lehrer Wiens (ist Kooperationspartner von)
Richard Meister (hat Mitglied)
Österreichische Unterrichtsfilmarchiv (hat Anteil an)
Gustav Adolf Witt (hat Auftragnehmer)
Adolf Hübl (hat Mitarbeiter)
Österreichischer Bildspielbund (hat Anteil an)
Schulkinobund (ist Kooperationspartner von)
Julia Wagner-Jauregg (hat Auftragnehmer)
Julia Wagner-Jauregg (hat Mitarbeiter)
Eduard Golias (hat Mitarbeiter)
Eduard Golias (hat Leiter*in)
Othmar Gugenberger (hat Mitarbeiter)
Josef Jaksch (hat Mitarbeiter)
Ewald Schild (hat Auftragnehmer)
Johann Paul Haustein (hat Mitglied)
Film- und Bildarbeitsgemeinschaft der Lehrer Wiens (ist Kooperationspartner von)
Richard Meister (hat Mitglied)
Österreichische Unterrichtsfilmarchiv (hat Anteil an)
Gustav Adolf Witt (hat Auftragnehmer)